5. Akademie

20.06.2019 - Zwei Tage beschäftigten sich die Teilnehmenden der Akademie in Berlin mit dem Thema Lerncoaching in der Ganztagsschule.

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Welche Rahmenbedingungen braucht Lerncoaching? Wie führe ich Lerncoaching-Gespräche? Auf welcher Basis fußt meine Beurteilung und Diagnostik von Lernständen? 29 Teilnehmende aus 10 Berliner Ganztagsschulen und zwei Schulaufsichten beschäftigten sich bei der 5. Akademie im Spreefeld zwei Tage lang mit dem Thema Lerncoaching in der Ganztagsschule. Michele Eschelmüller, Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz, führte durch die Veranstaltung und brachte den Anwesenden sein ganzheitliches Konzept von Lerncoaching nah. Eschelmüller stellte die vier seiner sechs Handlungsfelder Rahmen und Struktur, Beziehungsgestaltung, Beratung sowie Diagnostik und Förderung vor und zeigte wie der Transfer in die eigene Schule gelingen kann.

Warum Lerncoaching?

Viele schulische Akteure sind überzeugt, dass individualisiertes Lernen nur dann möglich und für die Schülerinnen und Schüler gewinnbringend ist, wenn die Lehrenden die Rolle als Lernbegleitende oder eben eines Lerncoaches einnehmen. Wo individualisiert gelernt wird, bedarf es individualisierter und differenzierter Angebote. Diese im Blick zu behalten und jeden Schüler und jede Schülerin adäquat zu unterstützen, ist die Aufgabe der Lerncoaches. Grundlage einer guten Zusammenarbeit von Lerncoach und Jugendlichen ist Vertrauen und eine gute pädagogische Beziehung. Der Lehrende braucht Beratungskompetenz und diagnostische Kompetenzen. Ebenso sind bestimmte räumliche und zeitliche Rahmenbedingungen zu beachten.

Bevor Eschelmüller und die Anwesenden die ausgewählten Handlungsfelder bearbeiteten, bestimmten sie den individuellen Standort jeder Schule in Bezug auf Lerncoaching. Es wurde schnell deutlich, dass alle teilnehmenden Schulen bereits Lerncoaching anbieten, aber mit unterschiedlichem Konzept, Struktur und Umfang.

Handlungsfeld: Rahmen und Struktur

Als Erstes stellte Eschelmüller die Handlungsfelder Rahmen und Struktur vor. Hier gehe es vor allem um Rituale, Zeitstrukturen, Lernumgebung und Raumgestaltung. Er präferiert einen grundsätzlichen Wandel des Lernverständnisses hin zu individuumsorientierten Lernangeboten, wie es beispielweise beim Lerncoaching und dem individualisierten Lernen unterstützt wird. Nachmittags arbeiteten die Anwesenden zum Handlungsfeld Beziehungsgestaltung. Hier sei vor allem die konstruktive Unterstützung der Lernenden, beispielsweise im Umgang mit Fehlern und ein lernförderliches Unterrichtsklima, das sich beispielsweise durch gegenseitigen Respekt und die Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler auszeichnet, wichtig.

Die Übung „Perlen zeigen“ ermöglichte den Teilnehmenden zum Abschluss des Tages noch einmal, in sich zu gehen und die eigenen positiven Leistungen der letzten Arbeitswochen zu reflektieren. „Es ist gar nicht so einfach, sich hier selbst zu loben. In der Regel fällt einem immer zuerst ein, was in den letzten Wochen in der Arbeit schlecht gelaufen ist, wo man Fehler gemacht hat und was man hätte besser machen können“, kommentierte eine der anwesenden Lehrkräfte die Übung. Laut Eschelmüller sei aber gerade diese positive Einstellung gegenüber der eigenen Leistung entscheidend. „In der Lernberatung geht es auch um das Empowerment der Kinder. Sie sollen eine reflexive Beziehung zur eigenen Leistung entwickeln“, sagt Eschelmüller. Authentisches und erfolgreiches Lerncoaching fuße deshalb maßgeblich darauf, dass sich auch die beratende Lehrkraft dieser Reflexivität bewusst sei.

Der zweite Tag

Am nächsten Tag drehte sich alles um die Handlungsfelder Diagnostizieren und Fördern sowie Beratung. Im Handlungsfeld Diagnostizieren und Fördern ging es vor allem um die Entwicklung von Leistungsmodellen zu bestimmten Aufgaben. Dies sei Grundvoraussetzung für jedes Lerncoaching. Hier sei es wichtig zu verstehen, dass Schülerinnen und Schüler für die Lösung von Aufgaben in der Lage sein müssen, bestimmte Kompetenzen zu aktivieren und zu nutzen. Diese Sach-, Methoden- und Selbstkompetenzanforderungen müsse sich die Lehrkraft bewusst machen, denn laut Eschelmüller, sei dieses Bewusstsein das, was das Lehrer-Schüler-Gespräch auf die Beratungsebene hebt. Förderung bedeute außerdem kognitive Aktivierung, damit ist vor allem die Stärkung der Selbstbeziehung und des Selbstmanagements der Schülerinnen und Schüler gemeint.

Als abschließendes Thema wurde das Handlungsfeld Beratung behandelt, dessen Ziel sei es laut Eschelmüller, die Lernenden von ihrem eigenen Können zu überzeugen. Wichtigste Werkzeuge hierfür seien das richtige Gesprächsarrangement sowie Techniken der pädagogischen Gesprächsführung. Außerdem dürfe in der Bratungssituation das Setting nicht außer Acht gelassen werden. „Hier geht es immer um Distanz und Nähe, aber auch um die Wirkung der eigenen Position. Steht die Lehrkraft beispielsweise während der Beratung, impliziert sie damit eine kurze Verweildauer. Ein vertrauensvolles, entspanntes Gespräch kann da nur schwer entstehen“, sagt Eschelmüller. Lerncoaching aber sei mehr als bloße Gesprächsführung, fasst Eschelmüller zusammen. „Das A und O ist ein individuelles Konzept, indem Oberflächen- und Tiefenstrukturen miteinander verbunden werden müssen. Dann gelingt Lerncoaching und wirkt auf allen Ebenen“, sagte der Referent zum Abschluss der Veranstaltung.

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