Selbstorganisiertes Praxisorientiertes Lernen

18.01.2017 - Individualisierte Lernformate bestimmen an der „Johannes Gutenberg“-Schule Wolmirstedt bereits seit vielen Jahren den Schulalltag – mit Erfolg.

© DKJS/B. Dietl

Individualisierte und selbstorganisierte Lernformate bestimmen an der Ganztagsschule „Johannes Gutenberg“ Wolmirstedt bereits seit vielen Jahren den Schulalltag – mit Erfolg. Ihr innovatives Schulkonzept kommt nicht nur bei Lehrkräften und Schülern gut an, sondern wurde auch mehrfach ausgezeichnet. Doch was macht diese Schule anders? Im Rahmen des ersten LiGa-Fachtags am 17./18. November 2016 in Berlin gab Schulleiter Helmut Thiel Einblick in den Schulalltag und das Konzept des Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernens.

Vertrauen als Grundlage

Individualisiertes Arbeiten habe viel mit Vertrauen zu tun, sagt Schulleiter Helmut Thiel. Tatsächlich wird den Schülerinnen und Schülern der „Johannes Gutenberg“ Schule in Wolmirstedt – einer Kleinstadt nördlich von Magdeburg – an zahlreichen Stellen im Schulalltag Vertrauen entgegengebracht. Etwa beim Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernen (SPL), dem schuleigenen Unterrichtskonzept. Elf Stunden pro Woche können sich die Schüler selbstständig oder in Kleingruppen fächerspezifischen Aufgaben widmen – mit dem Ziel, dass am Ende ein praktisches Ergebnis steht. Unterricht im Klassenverband haben sie währenddessen nicht. Wie das vom Curriculum vorgegebene Thema konkret bearbeitet wird, entscheiden die Schüler eigenständig. Die Lehrkraft steht ihnen dabei beratend zur Seite. Regelmäßig erfolgt die gemeinsame Reflexion der Arbeitsergebnisse.

Jeder bekommt Unterstützung – und wird selbst zum Helfer

Beim Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernen haben Schüler die Möglichkeit, eigene Lösungsansätze für fächerspezifische Aufgaben zu finden. Das erhöht die Lernmotivation und stärkt die Selbstwirksamkeit, weiß Thiel.  Auf Hilfe müssen die Schüler dabei nicht verzichten. Denn die Ganztagsschule „Johannes Gutenberg“ setzt beim SPL auf ein Helfersystem: Jeder kann die Hilfe seiner Mitschüler in Anspruch nehmen und selbst andere bei ihren Aufgaben unterstützen. Die in der Schülerschaft bestehenden Potenziale können so von allen genutzt werden. Aus diesem Grund arbeiten die Schüler beim SPL in Teams aus fünf bis sechs Personen. Wichtig sei, dass diese möglichst heterogen zusammengesetzt sind, erklärt Helmut Thiel. Und betont, dass er damit keine Leistungsheterogenität meine, sondern Schüler mit unterschiedlichen besonderen Fähigkeiten. Und besondere Fähigkeiten habe schließlich jeder.

Ohne Grundlagen geht es nicht

Voraussetzung für das Gelingen des Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernens ist jedoch, dass Schüler zuvor mit entsprechenden Lern- und Arbeitstechniken sowie Feedback- und Reflexionsmethoden vertraut gemacht werden. Dies erfolgt an der „Johannes Gutenberg“ Gemeinschaftsschule bereits in den ersten Wochen der fünften Jahrgangsstufe. In dieser Zeit findet auch eine Potenzialanalyse statt, bei der die Schüler herausfinden, welche Fähigkeiten sie und ihre Mitschüler haben. Dies bildet die Grundlage für die spätere Zusammensetzung der sowie Arbeit in den Teams. Einmal zusammengefunden, bleibt ein Team für ein ganzes Schuljahr als solches bestehen. Vertreten werden die Teams durch einen gewählten Teamsprecher.

Der Erfolg spricht für sich

Die Methode des Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernens ist nur eine von vielen individualisiert gestalteten Lernformaten an der Ganztagsschule „Johannes Gutenberg“. Der Erfolg ihrer innovativen Arbeit spricht für sich: seit 20 Jahren hat kein Schüler die Schule ohne Schulabschluss verlassen, im vergangen Jahr lag die Quote der Wiederholer bei Null. Auch die Schüler scheinen zufrieden, immerhin bewerteten sie die Lehrer-Schüler-Beziehung im Rahmen der StEG-Studie besonders positiv. Helmut Thiel verwundert dieses Ergebnis nicht, immerhin seien Lehrer und Schüler Partner im Lernprozess, bei denen beide ein gemeinsames Ziel anstreben.

Fit für’s 21. Jahrhundert

Auf ihrem Erfolg ausruhen möchte sich die „Johannes Gutenberg“ Gemeinschaftsschule allerdings nicht. Denn das Konzept des Selbstorganisierten Praxisorientierten Lernens wird derzeit versuchsweise auf digitale Formate übertragen. In den kommenden drei Jahren werden Erfahrungen gesammelt und ausgewertet. Ob die neuen digitalen Formate später auf die gesamte Schule übertragen werden, wird sich noch zeigen. Aber Schulleiter Thiel ist zuversichtlich: Wenn das Konzept gut funktioniere, werde es sich automatisch an der Schule ausbreiten. So war es bisher immer gewesen.

Eckdaten zur Ganztagsschule „Johannes Gutenberg“ Wolmirstedt
Schulform: Gemeinschaftsschule (Klassen 5 – 10)
Ganztagsschulform: gebunden
Homepage: www.gms.jgschule.de

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